Wenn der fesche Doktor auf dem Weg zu einem schwerkranken Patienten in seinem grünen Oldtimer durch die malerische Berglandschaft gondelt, dann wissen Millionen Menschen, dass am Ende alles gut wird: Die ZDF-Serie „Der Bergdoktor“ mit Hans Sigl verbucht seit vielen Jahren tolle Einschaltquoten, auch in der Mediathek. Doch nicht nur der Bergdoktor, sondern ebenso Regionalkrimis wie „Die Rosenheim-Cops“, das gute alte „Großstadtrevier“ und zahlreiche andere Sendungen mit Heimatbezug locken viele Zuschauer vor den Bildschirm – und es werden immer mehr, wie jetzt eine in der Fachzeitschrift „Media Perspektiven“ veröffentlichte Studie der Universität Würzburg herausgefunden hat.
Gerade in Zeiten politischer und wirtschaftlicher Krisen hätten viele Menschen ein starkes Bedürfnis nach Geborgenheit, Sicherheit, Zufriedenheit und Gemütlichkeit – Wünsche, die eben von Heimatsendungen erfüllt werden, und das nicht nur im linearen Fernsehen: Auch bei Streamingdiensten stehen Regionalkrimis hoch im Kurs, so sind bei Netflix etwa die Kinofilme um den von Sebastian Bezzel gespielten bayerischen Dorfsheriff Franz Eberhofer oder der ARD-Klassiker „Mord mit Aussicht“ abrufbar, bei Amazon Prime gibt es unter anderem staffelweise „Hubert ohne Staller“ zu sehen.
Der Regionalbezug wird immer wichtiger
Nachdem die Würzburger Medienforscher vor fünf Jahren schon einmal die „Nutzungsmotive für Heimatsendungen im Fernsehen“ untersuchten, haben sie jetzt nachgelegt und in einer zweiten Welle Zuschauerinnen und Zuschauer zwischen 18 und 83 zum Thema befragt. „Hoch in der Publikumsgunst rangieren vor allem regionale Nachrichten, Krimis mit regionalem Bezug oder regionale Naturdokumentationen“, heißt es in der Studie.
Der Trend geht also klar weg vom dramatisch fiktionalen zum informativ faktualen Narrativ.
Die Würzburger Medienforscher in der neuen Studie
Interessant dabei: Im Vergleich zur ersten Studie vor fünf Jahren haben nüchterne Nachrichten gegenüber Krimis und Serien Boden gut gemacht, immer mehr Menschen wollen sich in unsicheren Zeiten ganz sachlich darüber informieren lassen, was vor ihrer Haustür los ist: „Der Trend geht also klar weg vom dramatisch fiktionalen zum informativ faktualen Narrativ“, schreiben die Medienforscher. Zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie regelmäßig regionale Nachrichten etwa in den Dritten Programmen anschauen, auf Rang zwei folgen Landkrimis. Immerhin noch jeder Zweite bekennt sich also zu Serien wie „Die Toten vom Bodensee“, „Nord bei Nordwest“, „Morden im Norden“ und wie sie alle heißen. Echte News schlagen mittlerweile aber erfundene Krimiplots – das war vor fünf Jahren noch genau andersherum.
Der Trend zu mehr Information bedeutet jedoch keineswegs, dass etwa die Sehnsucht nach der heilen Welt keine Rolle mehr spielt, sie ist nach wie vor für viele Zuschauer ein starkes Motiv, sich Sendungen mit Heimatbezug anzuschauen. Weitere wichtige Rezeptionsmotive sind Aufheiterung und Entspannung und das von den Forschern als „ästhetisches Erleben“ bezeichnete Bedürfnis, schöne Landschaften und Orte zu sehen, vertraute Geräusche und Klänge zu hören oder auch „Leute in ihrer Mundart sprechen zu hören“, wie es in der Studie heißt.
Wenn Peter Heinrich Brix in „Nord Nord Mord“ also mit sparsamer Miene und im norddeutschem Tonfall Verdächtige befragt oder die von Marisa Burger gespielte Polizeisekretärin Frau Stockl ihren Kollegen von den „Rosenheim-Cops“ in breitem Bayrisch „Es gabat a Leich“ zuruft, geht vielen Zuschauern einfach das Herz auf. Auch so mancher Darsteller der SWR-Schwarzwaldserie „Die Fallers“ überzeugt viele Zuschauer im Südwesten mit seinem alemannischen Dialekt.
Besonders interessiert an Nachrichten und Dokumentationen zeigten sich in der Studie übrigens die männlichen Befragten, die zudem zu Protokoll gaben, gerne regionale Sportsendungen einzuschalten. Frauen schauen sich der Untersuchung zufolge dagegen gerne Serien mit Heimatbezug, Quizshows und Kochsendungen an. Letztere werden außerdem gerne von Zuschauern zwischen 30 und 59 konsumiert – sie sind besonders an der regionalen Küche interessiert, was die Forscher darauf zurückführen, dass Kochen bei Menschen dieses Alters generell im Trend liegt, viele von ihnen aber auch die ganze Familie sattbekommen müssen.